17.08.99

TKDV-Berufungsverhandlung: Christof Haug zu 8 Monaten auf Bewährung verurteilt


Die 70. Strafkammer am Landgericht Berlin hat heute Abend den totalen Kriegsdienstverweigerer Christof Haug zu einer achtmonatigen Freiheitsstrafe zur Bewährung verurteilt. Ihm wird Fahnenflucht und Gehorsamsverweigerung in drei Fällen vorgeworfen. In der ersten Instanz erhielt er im Juni 1998 vom Amtsgericht Tiergarten eine
11-monatige Freiheitsstrafe ohne Bewährung. Diese Strafe war das härteste Urteil gegen einen Totalen Kriegsdienstverweigerer seit Wiedereinführung der Wehrpflicht in Berlin. Die Kosten des Berufungsverfahrens wurden ihm zu zwei Dritteln auferlegt, ein Drittel trägt die Landeskasse.

Auch vor dem Landgericht bestätigte Christof Haug die äußeren Umstände der gegen ihn erhobenen Vorwürfe. Er machte nochmals deutlich, dass für ihn die Wehrpflicht verfassungswidrig ist. Er legte dar, in welcher Weise die Wehrpflicht massiv Grund- und
Persönlichkeitsrechte verletzt. Daher sei sein konsequentes Verhalten gegen die Wehrpflicht verfassungskonform und nicht zu bestrafen. Sein Rechtsanwalt Jörg Czech plädierte auf Freispruch. Da die Wehrpflicht nicht mehr verfassungskonform ist, sei die Einberufung
rechtswidrig ergangen. Christof Haug ist deshalb niemals Soldat geworden, daher könne er die ihm zu Last gelegten Straftatbestände nach dem Wehrstrafgesetz auch nicht erfüllt haben. Hilfsweise beantragte er die Aussetzung des Verfahrens, um die Verfassungsmäßigkeit
der Wehrpflicht durch das Bundesverfassungsgericht überprüfen zu lassen.

Der vorsitzende Richter, Dr. Sasse, sieht keine Anhaltspunkte für eine Verfassungswidrigkeit der Wehrpflicht. Die Abschaffung oder Beibehaltung der Wehrpflicht sei eine politische Frage. Hingegen konsternierte die Staatsanwältin Jaeger zumindest nachvollziehbare
Argumente, die Haug und sein Rechtsanwalt gegen die Wehrpflicht vorgebracht haben. Sowohl Staatsanwältin als auch das Landgericht betonten aber, dass die Wehrpflicht verfassungsrechtliche Wirklichkeit sei. Daher müsse das geltende Recht angewendet werden. Gegen dieses Berufungsurteil werden Christof Haug und sein Rechtsanwalt Revision einlegen.

Christof Haug, dessen Antrag auf Kriegsdienstverweigerung abgelehnt worden war, folgte seinem Einberufungsbescheid im Januar 1996 nicht. Erst im September jenes Jahres fassten ihn Feldjäger in Süddeutschland und brachten ihn in die Eutiner Kaserne. Dort blieb er in Zivil und verweigerte alle ihm erteilten Befehle. Nach insgesamt 53 Tagen Arrest erhielt er ein Dienstverbot.

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