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12.03.99 PressemitteilungTotaler Kriegsdienstverweigerer vom Landgericht Hildesheim wegen "Falscher Namensangabe" verurteiltHildesheim / Gifhorn / Frankfurt a.M., 12.03.1999. Am Donnerstag, dem 11. März 1999, hat das Landgericht Hildesheim unter Vorsitz von Richter Schlüter das letzte freisprechende Urteil für Detlev Beutner, Mitarbeiter der Totalverweigerer-Initiative Frankfurt/M. (vormals Braunschweig), wegen "Falscher Namensangabe" (§ 111 OWiG) aufgehoben und den Jura-Studenten zu einer Geldbuße von 300,- DM verurteilt. Beutner kündigte an, Revision gegen das Urteil einzulegen. Der ehemalige Braunschweiger hatte sich Ende Mai 1996 mit dem Einberufungsbescheid des Totalen Kriegsdienstverweigerers Heiko Thiele in der Hammerstein-Kaserne in Wesendorf 'gestellt'. Die Totalverweigerer-Initiative Braunschweig hatte erwartet, daß die Bundeswehr vor Aufregung vergessen würde, den Personalausweis zu kontrollieren und somit den 'falschen' Totalverweigerer arrestieren würde. Mit der Aktion sollte in der Öffentlichkeit verstärkt auf die Praxis der Bundeswehr aufmerksam gemacht werden, Totalverweigerer in einem nicht ansatzweise rechtsstaatlichen Verfahren noch vor einem Strafprozeß zwei bis drei Monate zu arrestieren. Tatsächlich versäumte es die Bundeswehr, die Personalien festzustellen. Wegen eines anwesenden Kamerateams verzichtete das Militär jedoch zu diesem Zeitpunkt auf eine Festnahme. Dafür wurde Thiele zweieinhalb Monate später durch Feldjäger und Polizei festgenommen, verbrachte 63 Tage im Bundeswehrarrest und wurde schließlich vom Landgericht Hildesheim zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten ohne Bewährung rechtskräftig verurteilt. Gegen Beutner war bereits am Amtsgericht Gifhorn dreimal verhandelt worden, die ersten beiden Urteile wurden jedoch wegen Formfehlern jeweils aufgehoben. Zuletzt hatte das AG Gifhorn den Angeklagten freigesprochen, die Staatsanwaltschaft legte jedoch Berufung ein. Der ursprüngliche Anklagevorwurf - "Mißbrauch von Ausweispapieren" - wird inzwischen nicht einmal mehr von der Staatsanwaltschaft aufrechterhalten. Die Hauptverhandlung hatte schon am Freitag, dem 05.03.99, begonnen, wurde aber wegen einer für das Gericht unerwartet langen Beweisaufnahme unterbrochen. Als der Angeklagte bei der Vereidigung eines Zeugen nicht aufstand - da er, wie er erklärte, als Angeklagter niemals vor einem Gericht stehen würde - verhängte die Kammer ein Ordnungsgeld von 300,- DM, ersatzweise sechs Tage Ordnungshaft. Die Verhandlung am Donnerstag begann mit der Verlesung der Beschwerde Beutners gegen dieses Ordnungsmittel. Anschließend erklärte das Gericht, daß zwei Beweisanträge des Angeklagten nicht angenommen würden. Zum einen, da als wahr unterstellt würde, daß Beutner gegenüber dem Wachhabenden keinen falschen Namen genannt habe, zum anderen, da die Glaubwürdigkeit des zweiten soldatischen Zeugen, Karl-Heinz Lucka, letztlich nicht überprüft werden müsse. Dieser hatte Beutner bei der Hauptverhandlung gegen Heiko Thiele im September 1996 anzugreifen versucht und, als er durch den damaligen Verteidiger Günter Werner (Bremen) zurückgehalten wurde, Unterlagen auf Beutner geworfen. Nachdem die Kammer sich dann für eine Stunde zur Urteilsfindung zurückgezogen hatte, trat sie jedoch noch einmal in die Beweisaufnahme ein und verhörte erneut den Zeugen Lucka zu der Frage, ob dieser überhaupt zuständig gewesen sei, Personalien zu überprüfen. Dabei gab der Zeuge durchgängig an, keine rechtliche Grundlage hierfür zu besitzen: "Ich brauche dafür kein Gesetz." Nach einer weiteren halben Stunde Beratungszeit erging dann das Urteil, bei dem jedoch der Angeklagte und ein Teil der Zuschauer aus dem Verhandlungssaal geschickt wurde bzw. freiwillig hinausgingen, da das Gericht erneut die Verhängung von Ordnungsmaßnahmen androhte für den Fall des Nichtaufstehens. Beutner wurde zu einem Bußgeld von 300,-DM verurteilt, obwohl es nun unstreitig war, daß für eine Personalienüberprüfung durch den Soldaten Lucka keine gesetzliche Grundlage existiert. Der Richter stellte lediglich darauf ab, daß der Soldat Lucka - dessen Angaben nun einzig Glauben geschenkt wurde - sich richtig verhalten habe, und damit die angebliche falsche Namensangabe auch sanktionierbar sein müsse. Beutner erklärte, gegen das Urteil in jedem Fall Revision einzulegen, die auch aufgrund des Urteils "als sicher gewonnen" angesehen werden könne. Der Verhandlungsstil der Kammer wurde sowohl von dem Angeklagten als auch von Zuschauern als "die Grenze des Erträglichen überschreitend" gekennzeichnet. Sowohl Oberstaatsanwalt Kreutz als auch der Vorsitzende Richter Schlüter hatten den Angeklagten immer wieder unterbrochen und teilweise beschimpft. Daß nunmehr ein Urteil "unmittelbar gegen das Gesetz" gefällt wurde und allein auf der Aussage eines Zeugen beruht, der sich noch im Verhandlungssaal weigern wollte, Fragen des Angeklagten zu beantworten, bezeichnete die Totalverweigerer-Initiative Frankfurt a.M. als "letztlich eindeutiges Zeichen einer Befangenheit des Gerichts, die bis an die Grenze der Rechtsbeugung geht." Aktenzeichen: 18 Ns 8 Ds 31 Js 17680/96 |
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