|
17.02.99 PressemitteilungTotaler Kriegsdienstverweigerer seit dreieinhalb Monaten in Untersuchungshaft - Demonstration vor dem Landgericht AmbergAmberg / Dresden / Frankfurt a.M., 17.02.1999. Der Totale Kriegsdienstverweigerer
Jörg Eichler (23) aus Dresden sitzt seit inzwischen dreieinhalb
Monaten in Untersuchungshaft, ohne daß ein Ende abzusehen
wäre. Die Totalverweigerer-Initiativen Dresden und Frankfurt
a.M. zusammen mit der Deutschen
Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK)
FfM rufen zu einer Demonstration vor Eichler war zum 01.07.98 zur Bundeswehr nach Pfreimd (Oberpfalz) einberufen worden, dort aber nicht erschienen. Der Dresdner lehnt sowohl den Wehrdienst als auch den Zivildienst wegen dessen militärischer Verplanung ab. Im Rahmen einer Demonstration erschien der Verweigerer am 05.08.98 vor der Pfreimder Kaserne und gab sich dort zu erkennen. Die Bundeswehr verzichtete hierbei jedoch auf eine Festnahme. Obwohl sich Eichler nur sechs Tage zuvor an seinem Einberufungsort gestellt hatte, erließ das Amtsgericht Amberg am 11.08.98 Haftbefehl wegen angeblicher "Fluchtgefahr": "Im Hinblick auf die zu erwartende Strafe muß bei vernünftiger Würdigung dieser Sachlage davon ausgegangen werden, daß sich der ledige Angeklagte dem Strafverfahren entziehen werde", so Haftrichter Schatt. Am 21.09.98 verwarf das Landgericht Amberg ein als Haftbeschwerde gewertetes Schreiben Eichlers, in dem dieser angekündigt hatte, sich dem Verfahren auf jeden Fall stellen zu wollen: "Der Beschuldigte trägt zwar vor, er werde sich einem gegen ihn gerichteten Strafverfahren nicht entziehen, hierbei handelt es sich nach Überzeugung der Kammer jedoch um eine bloße Zweckbehauptung, um die Aufhebung des gegen ihn bereits erlassenen Haftbefehls zu erreichen." Am 05.11.98 griff die Polizei gezielt zu und verhaftete Eichler in einer Telefonzelle. Am 07.12.98, viereinhalb Wochen nach der Festnahme und zwölf Tage nach dem Eintreffen in der JVA Amberg, fand dann die - dem Gesetz nach 'unverzüglich' zu erfolgen habende - Vorführung vor die Ermittlungsrichterin Kelsch statt. Diese erhielt die Haft aufrecht, u.a. mit der mündlichen Begründung, Eichler verfüge über keine Meldeadresse. Tatsächlich war der Totalverweigerer jedoch ständig sowohl über seine - existierende - Meldeadresse erreichbar als auch über seine Verteidigerin. Eine schriftliche Ausfertigung dieses Beschlusses ist bis heute nicht ergangen. Dafür aber unterließ die Richterin die Mitteilung über den Haftfortdauerbeschluß an eine Vertrauensperson und verstieß damit gegen § 114b Abs. 1 StPO und Art. 104 Abs. 4 GG. Das daraufhin eingelegte Ablehnungsgesuch wies der Direktor des AG Amberg, Dr. Maier, nun als unbegründet zurück: "Dieser Verstoß gegen § 114b I StPO rechtfertigt für sich allein bei der erforderlichen verständigen Würdigung nicht die Annahme, daß die Richterin dem Angeschuldigten gegenüber eine innere Haltung einnimmt, welche ihre Unparteilichkeit störend beeinflussen kann." Gegen diesen Beschluß wird nun sofortige Beschwerde eingelegt. Die Entscheidung über ein zweites Ablehnungsgesuch gegen
den ebenfalls beteiligten Richter Plößl steht dagegen
seit vier Wochen aus. Plößl hatte Verteidigerpost von
Eichler geöffnet, in welcher brisante verfahrensrechtliche
Fragen diskutiert wurden. Obendrein veranlaßte Plößl
dann auch noch die Weitergabe dieser Post an die Staatsanwaltschaft
"zur Stellungnahme u. Aktenvorlage". Am 14.01.99 beschlagnahmte
er dann den privaten Brief eines engen Freundes Eichlers, da dieser
angeblich "grobe Beleidigungen" enthalte. An welcher
Stelle des siebenseitigen Briefes diese sich befunden haben oder
worin diese bestanden haben sollen, teilt der Beschluß jedoch
nicht mit. Eine Reaktion auf die sofort eingelegte Beschwerde
gegen die Beschlagnahme ist bis heute nicht ergangen. Wegen des
illegalen Öffnens der Verteidigerpost ist inzwischen ein
Ermittlungsverfahren gegen Richter Plößl eingeleitet
worden (1 Js 1301/99 - StA Amberg). Aufgrund dieser, so die TKDV-Initiative FfM, "ungeheuerlichen
und schamlos willkürlichen Vorgänge" bei der Amberger
Justiz wird am Samstag, dem 20.02.99, um 13:00 Uhr zwischen dem
Landgericht und der Fußgängerzone in Amberg eine Kundgebung
stattfinden, um auf die Situation des Totalverweigerers Jörg
Eichler und auf den Umgang der Amberger Gerichte mit radikalen
Pazifisten aufmerksam zu machen. Kontakt: Jörg Eichler |
|