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29.01.99 Soli-Rundbrief für den Totalverweigerer Jörg EichlerFrankfurt/M., den 29.1.1999 Der Totale Kriegsdienstverweigerer Jörg Eichler aus Dresden, Redakteur und Herausgeber der Zeitschrift zur Totalen KDV, OHNE UNS, sitzt in der JVA Amberg in Untersuchungshaft. Am 5. Februar werden es volle drei Monate sein, seitdem er das letzte Mal auf freiem Fuß war. Am 5. November 1998 wurde er in Dresden in einer Telefonzelle von der Polizei in Haft genommen. Zunachst befand er sich über eine Woche auf Schubhaft in Richtung Amberg. In Amberg angekommen fand er die wahrscheinlich größte Rechtsbeugungskammer der BRD vor. Wahrscheinlich, weil Jörg Anfang August mittels einer Austauschaktion mit einem befreundeten Totalverweigerer die Wegsperrpraxisder Bundeswehr - die fur zwei Tage Jörgs Freund in der Arrestzelle gefangen hielt - fur die Öffentlichkeit und die Presse aufzeigte, bekommt er nun von der Amberger Justiz einen Haftfortdauerbeschlus nach dem anderen auferlegt. Der Haftbefehl erfolgte unter dem Vorwurf der "Fluchtgefahr", mit der Begründung vom damaligen Richter Schatt, Jörg würde sich "dem Strafverfahren entziehen" wollen, obwohl Jörg mehrmals ankündigte, sich dem Strafverfahren zu stellen, und die Bundeswehr im August auf seine Festnahme vor der Oberpfalz-Kaserne im bayerischen Pfreimd verzichtete. Die repressive Amberger Justiz zeichnet sich dadurch aus, das mittlerweile gegen zwei RichterInnen Befangenheitsanträge eingereicht wurden, einer mit Erfolg. Richterin Kelsch wurde abgelehnt, weil sie erst zwölf Tage nach Eintreffen von Jörg in der JVA Amberg die durch Gesetz "unverzügliche" Vorführung zur Entscheidung seiner Haftfortdauer vollzog sowie willkürlich das Besuchsrecht fur Jörg einschränkte. Danach ging die Zuständigkeit an Richter Plößl über, der zunächst Ermittlungsrichter und Haftrichter in einem war, und mittlerweile wegen Befangenheit abgelehnt wurde - ein Beschluß steht allerdings noch aus -, weil er zum einen unzulässigerweise Verteidigerpost öffnete und Privatpost an Jörg mit der Begründung beschlagnahmte, dieses Schreiben enthielte "grobe Beleidigungen". Die Verteidigerpost gab Richter Plößl unzulässig an die Staatsanwaltschaft weiter, weswegen gegen ihn mittlerweile auch Strafanzeige wegen Verletzung des Postgeheimnisses eingelegt wurde. Mittlerweile erging die Anklage der Staatsanwaltschaft gegen Jörg wegen "Fahnenflucht" (§ 16 I WStG) und ein weiterer Haftfortdauerbeschlus vom 11.1.1999, somit die zuvor eingelegte Haftbeschwerde von RA in Barbara Kramer abgewiesen. Die Hauptverhandlung gegen Jörg wird womöglich Ende Februar oder Anfang Marz stattfinden. Jörg äußerte sich während eines Besuches der TKDV-Initiative Frankfurt/M. (Detlev Beutner, Torsten Froese) am 24.1.1999, das er mit einer Strafforderung der Staatsanwaltschaft von mindestens 12 Monaten rechnet. Nach den bisherigen Erfahrungen mit der Amberger Justiz ist die Wahrscheinlichkeit, das das Gericht sich dem eventuellen Antrag der Staatsanwaltschaft anschließt sehr hoch. Nachdem Jörg während des Besuches den Vorschlag ablehnte einen Antrag auf Freilassung gegen Kaution zu stellen, weil zum Einen zu befurchten ist, das nach einer solchen Freilassung er unmittelbar der Bundeswehr überstellt wird (er somit sich auf die neue Arrest-Situation einstellen müßte), und zum Zweiten bei positiver Entscheidung eines solchen Antrages es sehr viel schwieriger sein wird, den bisher de facto befangenen Richter Plößl wegen Befangenheit abzulehnen (falls er nicht sowieso aufgrund des ersten o.g. Befangenheitsantrag abgelehnt wird). Selbes gilt aber auch fur eventuell nachfolgende RichterInnen, die sich gegebenenfalls auf einer Freilassung gegen Kaution "ausruhen", ihre eigene Befangenheit damit also verschleiern könnten, falls auch gegen sie Anträge auf Ablehnung wegen der Besorgnis der Befangenheit gestellt wurden. Wie ersichtlich, muß hier also taktisch abgewägt werden, was fur Jörg wirklich das Beste ist. Jörg hat das fur sich getan. Dies muß so betont werden, da Stimmen im Solidaritätskreis laut wurden, die dahingehend tendierten, wir konnten Jörg davon überzeugen, das dieser Antrag jetzt das Beste sei. Wir können ihm die Möglichkeiten die existieren aufzeigen und anbieten. Entscheiden muß er. Und das hat er getan: Während seiner Hauptverhandlung wird bei einer eventuellen Verurteilung der Antrag auf Freilassung gegen Kaution gestellt werden. Antimilitaristisches Solidaritätsspektakel in AmbergWir laden alle dazu ein, am Samstag, den 20. Februar 1999 mit uns gemeinsam in der Amberger Fußgängerzone und vor dem Amts- sowie Landgericht auf Jörgs Inhaftierung aufmerksam zu machen. Wir schlagen dazu vor, Musikinstrumente (Trommeln, Gitarren etc.) mitzubringen. Wir werden Flugblätter vorbereiten und auch ein Megaphon mitbringen, um eine Rede zu Jörg zu halten. Bitte erscheint zahlreich! Meldet Euch bitte bei uns, ob Ihr kommt oder nicht, damit wir am Ende nicht allein da stehn! (Konnte im bayerischen Amberg unangenehm werden!). PostkartenaktionSchickt bitte mitgelieferte Postkarten an Jörg in den Knast. Es können bei uns auch noch mehr angefordert werden!!! Bis dahin viele Grüße von Detlev und mir! Kontakte:
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