18.01.99

Doppelbestrafungsprozeß gegen Totalverweigerer - Verteidiger inhaftiert


Frankfurt/M. Am 25. Januar 1999 um 13.30 Uhr findet am Amtsgericht Frankfurt am Main, Hammelsgasse 1 (Gebäude E), die dritte Hauptverhandlung gegen Torsten Froese statt (Az.: 980 Ds 702/72 Js 10308.5/96). Froese verweigert auch den Zivildienst, weil dieser staatlich verordnete Zwangsarbeit darstellt und innerhalb der Gesamtverteidigungskonzeption der BRD im Kriegsfall "unbefristeten" (§ 79 I ZDG, § 4 I WPflG) Kriegsdienst ohne Waffe einschließt.

Nachdem Froese 1993 zu drei Monaten Freiheitsstrafe auf zwei Jahre Bewährung wegen "Dienstflucht" (§ 53 I Zivildienstgesetz, max. fünf Jahre Freiheitsentzug) verurteilt wurde, sollte es am 23. Juni 1998 zum weiteren Prozeß gegen ihn kommen, da er vom Bundesamt für den Zivildienst trotz seiner vorherigen strafrechtlichen Verurteilung erneut einen Einberufungsbefehl erhielt. Gemäß Artikel 103 Abs. 3 Grundgesetz darf jedoch niemand wegen "der selben Tat" mehrmals verurteilt werden. Zur Auseinandersetzung um dieses Doppelbestrafungsverbot kam es aber im Sommer 1998 vor dem Amtsgericht Frankfurt/M. gar nicht, da Froese während der Hauptverhandlung aufgrund eines rechtswidrigen Haftbefehls festgenommen und für 16 Tage in der JVA Weiterstadt inhaftiert wurde.

Dies kam dadurch zustande, daß die damals zuständige Richterin Mickerts am AG Frankfurt/M. Froeses Wahlverteidiger - die keine Rechtsanwälte sind - ihren Zulassungsantrag (gem. § 138 II StPO) nicht stellen ließ und Froese daraufhin einen Befangenheitsantrag vor dem Gerichtssaal formulieren wollte. Die Richterin unterband dies allerdings durch den rechtswidrigen Haftbefehl (fälschlicherweise gem. § 230 II StPO, der die Vorführung eines nicht erschienenen Angeklagten sichern soll). Mit Beschluß vom 22.09.98 wurde Richterin Mickerts "wegen Besorgnis der Befangenheit" abgelehnt. In der Begründung der Ablehnung wurde von der ablehnenden Amtsrichterin Schott betont, daß die Anordnung der Verhaftung des Angeklagten "erst recht bedenklich erscheint", da Froese sich damals "vor dem Sitzungssaal befand und allem Anschein nach ein Ablehnungsgesuch formulierte." Daher, so die Richterin Schott über Richterin Mickerts Verhalten, "hätte es nahegelegen, dem Angeklagten Gelegenheit zu geben, seinen Schriftsatz fertigzustellen."

In Folge der Festnahme am 23.06.98 kam es zur weiteren Auseinandersetzung zwischen der deutschen Strafjustiz und dem Antimilitaristen: Gegen Froese läuft ein Ermittlungsverfahren wegen "Widerstandes in Tateinheit mit Körperverletzung sowie falscher Beschuldigung", die aus den Umständen der gewaltsamen Festnahme vor dem Gerichtssaal resultiert. Froese stellte Strafanzeige gegen diverse Justizwachtmeister und Polizisten wegen Körperverletzung. Das Ermittlungsverfahren gegen die Beamten wurde mittlerweile vom zuständigen Staatsanwalt am Landgericht Frankfurt/M., Galm, eingestellt. Der Strafanzeige Froeses gegen Richterin Mickerts wegen "Rechtsbeugung und Freiheitsberaubung" wurde erst nach Intervention des hessischen Justizministeriums nachgegangen. Gegen die Richterin wird derzeit wieder ermittelt.

Seit dem 05. November 1998 sitzt einer der Verteidiger Froeses, Jörg Eichler aus Dresden, selbst wegen Totaler Kriegsdienstverweigerer in Untersuchungshaft in der JVA Amberg. Eichler war zum 01.07.1998 zur Bundeswehr nach Pfreimd (Oberpfalz) einberufen worden, dort aber nicht erschienen. Obwohl keine Gründe vorlagen, anzunehmen, Eichler werde sich dem Strafverfahren nicht stellen, erließ das Amtsgericht Amberg Haftbefehl, der seit dem 05.11.98 vollstreckt wird. Der Totalverweigerer Torsten Froese wird daher ohne Verteidiger Eichler die Hauptverhandlung am 25.01.99 mit nur noch einem Verteidiger bestreiten.

Für die DFG-VK Frankfurt/M.
Cemal Sinci

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  • Torsten Froese,
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  • Verteidiger Detlev Beutner,
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    AG Frankfurt/M.,
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    Frau Messer,
    Tel.: 06 11 - 32 26 20


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