Pressespiegel zu Freispruch (Missbr. v. Ausweispapieren)


Ergänzungen zu den nachfolgenden zwei Artikeln zum ergangenen Freispruch in dem Verfahren gegen Detlev Beutner wegen angeblichen "Mißbrauchs von Ausweispapieren" / "Falscher Namensangabe": Beide Artikel kommen zu dem Schluß, es sei nun ein Ende des Verfahrens ergangen. Mittlerweile hat jedoch die StA Rechtsmittel eingelegt - es wird also in eine weitere Runde gehen.


Gifhorner Rundschau, 18.11.1998

Student mit fremden Papieren am Kasernentor - Freispruch

Ein Fall, drei Verhandlungen

 

Gifhorn (T-s) Bereits zum dritten Mal mußte sich gestern ein 29-jähriger Jura-Student aus Braunschweig, der seit kurzem in Frankfurt am Main lebt, vor dem Strafrichter im Amtsgericht Gifhorn verantworten. Vorgeworfen wurde ihm Mißbrauch von Ausweispapieren und falsche Namensangabe.

Die erste Verhandlung hatte am 29. November 1996 stattgefunden. Der Mann, der in einer Totalverweigerer-Initiative aktiv ist, hatte sich im Mai 1996 mit dem Einberufungsbescheid eines Totalverweigerers am Tor der Hammerstein-Kaserne in Wesendorf gemeldet. Dabei, so der Angeklagte, sei er davon ausgegangen, daß die Bundeswehr, obwohl es ihre Pflicht wäre, selten die Ausweise kontrolliere. Er selbst habe lediglich den Einberufungsbescheid vorgelegt, nicht aber behauptet, der Wehrpflichtige zu sein, auf dessen Namen das Dokument ausgestellt war. Der wachhabende Soldat hätte sich außer dem Einberufungsbescheid auch den Personalausweis zeigen lassen müssen, argumentierte der Jurastudent.

In der ersten Verhandlung in Gifhorn war der Angeklagte wegen falscher Namensangabe zu einem Bußgeld von 300 Mark verurteilt worden. Den Tatbestand des Mißbrauchs von Ausweispapieren sah der damalige Richter, Dieter Quoos, nicht als erfüllt an. Gegen dieses Urteil hatte der Angeklagte Revision eingelegt, weil ihm die Anklageschrift nicht zugestellt worden war.

Das Oberlandesgericht in Celle hielt die Revision für begründet und hob das Urteil am 24. Juni 1997 auf. Im Oktober des gleichen Jahres wurde der Angeklagte in einem erneuten Verfahren, wiederum im Amtsgericht Gifhorn, von Richterin Helga Ulrich von beiden Vorwürfen freigesprochen. Da die schriftliche Urteilsbegründung aber erst mehr als zehn Wochen nach der Verhandlung zu den Akten gelangte, legte die Staatsanwaltschaft ihrerseits Rechtsmittel gegen das Urteil ein.

Gestern nun hatte Richter Martin Hartleben den Vorsitz, hörte sich an, was der Angeklagte zu sagen hatte. Mit der Aktion damals habe er "der damaligen Entwicklung hin zu noch längeren Arresten und maßloser Willkür der Bundeswehr" entgegenwirken wollen, indem er das Thema in der Öffentlichkeit behandelte, sagte der Student. Deshalb habe er gemeinsam mit seiner Organisation geplant, jemanden für wenige Tage in den Arrest zu schicken, um dann im Rahmen einer größeren Demonstration die Verwechslung aufzudecken.

Hartleben kam zu dem Schluß, daß kein Mißbrauch von Ausweispapieren vorgelegen hat. Ein Einberufungsbescheid sei keine Urkunde oder Zeugnis und nur gültig in Verbindung mit einem Personalausweis. Der Anklagepunkt der falschen Namensäußerung sei ebenfalls hinfällig, da es zwischen dem wachhabenden Soldaten und dem Angeklagten zu keinem Gespräch gekommen sei. Der Soldat hätte sich zumindest nach Namen und Geburtsdatum des Angeklagten erkundigen müssen, anstatt darauf zu vertrauen, daß jemand, der mit einem Einberufungsbescheid in der Kaserne auftaucht, auch automatisch die gesuchte Person ist, meinte Hartleben. "Wenn sie nicht miteinander geredet haben, können sie auch nichts falsches gesagt haben", urteilte er.

Zweieinhalb Jahre nach dem Vorfall legte Hartleben die Sache jetzt zu den Akten, sprach den Angeklagten frei.


Gifhorner Allerzeitung, 18.11.1998

AMTSGERICHT / Dritte Hauptverhandlung wegen Mißbrauchs von Ausweispapieren und falscher Namensangabe - Richter konnte Vorwürfe nicht nachvollziehen

Erneutes Strafverfahren gegen Totalverweigerer endete mit Freispruch

(ust) Freispruch für Detlev Beutner: Der Totalverweigerer aus Braunschweig (AZ berichtete mehrfach), der inzwischen in Frankfurt am Main wohnt, mußte sich gestern erneut vor dem Gifhorner Amtsgericht verantworten. "Mißbrauch von Ausweispapieren" bzw. "Falsche Namensangabe" wurde dem 29-jährigen zu Beginn des Strafverfahrens vorgehalten. Sachtatbestände, die Richter Martin Hartleben nach einstündiger Verhandlung nicht nachvollziehen konnte.

Zur komplizierten Vorgeschichte: Der damals 26-jährige Beutner, der heute Jura studiert, war Ende Mai 1996 mit dem Einberufungsbescheid des Totalen Kriegsdienstverweigerers Heiko Thiele in der Wesendorfer Hammerstein-Kaserne erschienen. Die Bundeswehr, so kritisierte Beutner, der seine Verteidigung gestern selbst übernahm, habe es versäumt, seine Personalien korrekt festzustellen. Er sei nur nicht verhaftet worden, weil ein Kamerateam anwesend gewesen sei.

Beutner erläuterte Richter Martin Hartleben und der zuständigen Staatsanwältin, daß es der Totalverweiger-Initiative bei dieser Aktion darum gegangen sei, auf die "willkürliche Praxis" der Bundeswehr aufmerksam zu machen, Totalverweigerer ohne rechtsstaatliches Verfahren und vor einem Strafprozeß zwei bis drei Monate zu arrestieren.

Zwei vorausgehende Hauptverhandlungen, im November 1996 und im Oktober 1997, endeten im Nachhinein ohne Ergebnis. In einem Fall war Beutner die Anklageschrift nicht zugestellt worden, im zweiten Fall war versäumt worden, die schriftliche Urteilsbegründung fristgerecht niederzuschreiben. Die Staatsanwaltschaft legte Rechtsmittel ein.

Im dritten Anlauf zog Hartleben einen Schlußstrich. Der Einberufungsbescheid sei kein Ausweisdokument. Darum könne auch nicht von Mißbrauch gesprochen werden. Den Vorwurf der "Falschen Namensangabe" sah der Richter - anders als die Staatsanwältin - ebenfalls nicht gegeben: Beutner habe lediglich den Einberufungsbescheid von Thiele vorgezeigt, jedoch nicht behauptet, Thiele zu sein. Der Wachhabende hätte sich Ausweispapiere zeigen lassen müssen. Ein "Kommunikationsprozeß" zwischen Beutner und dem Wachhabenden habe nicht stattgefunden.


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