Strafverfahren gegen Totalen Kriegsdienstverweigerer wegen "Mißbrauch von Ausweispapieren" am Amtsgericht Gifhorn


Gifhorn / Frankfurt a.M., 11.11.1998. Am Dienstag, dem 17. November 1998, findet um 10:00 Uhr vor dem Amtsgericht Gifhorn (Am Schloßgarten 4, Saal 118) - zum dritten Mal - ein Strafverfahren gegen Detlev Beutner, Mitarbeiter der Totalverweigerer-Initiative Frankfurt/M. (vormals Braunschweig), wegen des angeblichen "Mißbrauchs von Ausweispapieren" bzw. "Falscher Namensangabe" statt.

Beutner hatte sich Ende Mai 1996 mit dem Einberufungsbescheid des Totalen Kriegsdienstverweigerers Heiko Thiele in der Hammerstein-Kaserne in Wesendorf 'gestellt'. Die Totalverweigerer-Initiative Braunschweig hatte erwartet, daß die Bundeswehr vor Aufregung vergessen würde, den Personalausweis zu kontrollieren und somit den 'falschen' Totalverweigerer arrestieren würde. Mit der Aktion sollte in der Öffentlichkeit verstärkt auf die Praxis der Bundeswehr aufmerksam gemacht werden, Totalverweigerer in einem nicht ansatzweise rechtsstaatlichen Verfahren noch vor einem Strafprozeß zwei bis drei Monate zu arrestieren.

Tatsächlich versäumte es die Bundeswehr, die Personalien festzustellen. Wegen eines anwesenden Kamerateams verzichtete das Militär jedoch zu diesem Zeitpunkt auf eine Festnahme. Dafür wurde Thiele zweieinhalb Monate später durch Feldjäger und Polizei festgenommen, verbrachte 63 Tage im Bundeswehrarrest und wurde schließlich vom Landgericht Hildesheim zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten ohne Bewährung rechtskräftig verurteilt.

Bereits am 29. November 1996 fand das erste Strafverfahren gegen Beutner wegen angeblichen "Mißbrauchs von Ausweispapieren" am Amtsgericht Gifhorn statt. Der damals zuständige Strafrichter Quoos verhandelte jedoch, ohne Beutner zuvor eine Anklageschrift zugestellt zu haben. Der Richter verurteilte den Angeklagten zu einem Bußgeld von 300,- Mark wegen "Falscher Namensangabe" (§ 111 OWiG). Den Straftatbestand des "Mißbrauchs von Ausweispapieren" sah Quoos nicht als erfüllt an, da ein Einberufungsbescheid keinem Ausweispapier gleichstehe. Allerdings habe Beutner nach den Angaben des als Zeuge erschienen Soldaten Karl-Heinz Lucka fälschlicherweise behauptet, Thiele zu sein, was einen Verstoß gegen § 111 OWiG darstelle.

Gegen dieses Urteil hatte Beutner Revision wegen der Nichtzustellung der Anklageschrift eingelegt. Die Generalstaatsanwaltschaft Celle beantragte daraufhin, die Revision als unzulässig, zumindest aber als unbegründet zu verwerfen. Das Oberlandesgericht Celle hielt demgegenüber die Revision einstimmig für begründet und hob am 24. Juni 1997 das Urteil auf.

Die zweite Hauptverhandlung fand am 16.10.97 vor dem AG Gifhorn statt. Nunmehr hatte Richterin Ulrich den Vorsitz in dem Verfahren. Sie sprach Beutner von beiden Vorwürfen frei. Da die schriftlichen Gründe aber erst über zehn Wochen nach der Verhandlung zu den Akten gebracht wurden - fünf Wochen später, als es die Strafprozeßordnung zuläßt - legte nun die Staatsanwaltschaft ihrerseits Revision gegen das Urteil ein.

Das OLG Celle hob daraufhin das Urteil am 09.06.98 ein zweites Mal auf und verwies die Sache wiederum an eine andere Abteilung des AG Gifhorn, die nunmehr einen dritten Anlauf nimmt, dieses Verfahren - das höchstens in einer Geldbuße von 300,- DM enden könnte - über zweieinhalb Jahre nach dem Tatvorwurf zu meistern.

Aktenzeichen: 8 Ds 31 Js 17680/96 - AG Gifhorn.


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