Aus Ausgabe 1/99 (Februar)

Bundesverfassungsgericht:
Zur Gewissensfreiheit


Zur Gewissensfreiheit hat das Bundesverfassungsgericht wesentlich folgende Entscheidungen getroffen: zunächst steht die Gewissensfreiheit selbständig neben der Religions- und Bekenntnisfreiheit. Sie ist also immer dann berührt, wenn der einzelne in seinem inneren „einem unabweisbaren, den Ernst der gesamten Persönlichkeit ergreifenden sittlichen Gebot, einer Warnung vor dem Bösen und einem unmittelbaren Aufruf zum Guten gegenübersteht“ (BVerfGE 12,55). Auch ist die Freiheit des Gewissens nicht auf einen bestimmten Wertekonflikt (etwa das Recht auf KDV) beschränkt, sondern umfaßt jede Handlung, die auf einer ernsten sittlichen, d.h. an den Kategorien von Gut und Böse orientierten Entscheidung beruht (BVerfGE 12,55). Explizit sichert sie nicht nur die Freiheit des Denkens, sondern auch die des Handelns. Die Gewissensfreiheit stellt also nicht nur einen Schutz gegen „Gehirnwäsche“ dar (BVerfGE 33,23; 69,22). Ihre Grenzen findet sie dort, wo das Handeln die Freiheit anderer Menschen beschneiden will. Nicht zuletzt unterliegt die Gewissensfreiheit keinem Gesetzesvorbehalt sondern gilt absolut, solange sie nicht mit anderen Verfassungswerten kollidiert (BVerfGE 28,261; 69,22). Ist dies der Fall, legitimiert dies nicht die Einschränkung der Grundrechte. Vielmehr hat der Gesetzgeber dafür zu sorgen, den Konflikt zu entschärfen, indem gewissensneutrale Handlungsalternativen geschaffen werden (BVerfGE 33,23).


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