Aus Ausgabe 4/98 (Dezember)

Deserteurslied

von Peter Schilling


Ein Lied hab ich euch mitgebracht,
das niemand gern will hören,
ich sing es manchmal in der Nacht,
dies Lied von Deserteuren.

Es war einmal vor langer Zeit
ein Mensch, der sollt' marschieren,
doch dazu war er nicht bereit,
er wollte nicht parieren.

Dort ist der Feind, so sagten sie,
und den mußt du erschlagen.
Doch er sagt nein, das tu ich nie,
drum ging's ihm an den Kragen.

Man brachte ihn vors Kriegsgericht
dort kannt' man keine Gnade...
Wem es an Pflichtgefühl gebricht,
um den ist's auch nicht schade!

Da half kein Bitten und kein Flehn,
man kannte kein Erbarmen.
Er starb als Held, ich hab's gesehn,
am Strick der Feldgendarmen.

Ein andrer kam vor's Standgericht,
denn er war kriegsverdrossen.
Das kümmerte die Richter nicht,
er wurde bald erschossen.

Ich singe, was noch stets geschieht,
ich sing von Heldentaten,
denn es erzählt mein kleines Lied
von Richtern und Soldaten.

Ich sing von der Aufmüpfigkeit,
ich sing von Deserteuren,
vom Henkersstrick und großem Leid,
doch wer will das schon hören.

Ich such mir selber Freund und Feind,
und laß mir's nicht befehlen,
denn was uns trennt und uns vereint,
das will ich selber wählen.

 

Copyright by Peter Schilling,
Achterwerf 41,
1357 BJ Almere,
Tel. 0031-36-5315535
e-mail: peschi@tip.nl


Die Weitergabe der Texte ist unter Hinweis auf die Quelle OHNE UNS und gegen Belegexemplar erwünscht.

Zur Übersicht