Aus Ausgabe 2-3/97 (September)

Sechs Monate ohne Bewährung in Bielefeld – Totalverweigerer in Haft vor Rechtskraft des Urteils

Am 1.8.97 wurde der totale Kriegsdienstverweigerer Timo Pasche von Richter Otto am Amtsgericht Bielefeld zu einer Haftstrafe von sechs Monaten ohne Bewährung verurteilt. Trotz eingelegter Berufung erließ Richter Otto Haftbefehl mit sofortiger Wirkung, so daß Timo bereits einsitzt, bevor das Urteil überhaupt Rechtskraft erlangt hat.


Timo sitzt bereits seit dem 16.7.97 in Untersuchungshaft. Er wurde polizeilich gesucht, da er zum 4.3.96 seiner Einberufung zum zivilen Kriegsdienst nicht Folge leistete. Einen Gerichtstermin am 6.11.96 ließ Timo ebenfalls verstreichen, weil er keinerlei Rechtsprechung über seine Gewissensentscheidung akzeptieren wollte. Als ihn die Polizei an einem weiteren Gerichtstermin am 2.12.96 nicht in seiner Wohnung antraf, erging Haftbefehl.

Timo ist ordnungsgemäß gemeldet, sozial eingebunden und hatte nie vor, sich dem Prozeß zu entziehen. Er akzeptiert nur nicht, daß er sich freiwillig dieser Gesinnungsjustiz gegen Antimilitaristen unterwerfen muß. Von seiner Inhaftierung wurde niemand unterrichtet, obwohl im Haftprotokoll ausdrücklich von Timo die Unterrichtung seiner Mutter eingefordert worden war. Aufgrund dessen war es Timo unmöglich, vor dem Prozeß an seine Unterlagen zu kommen und sich auf das Verfahren vorzubereiten.

Daß zu keinen Zeitpunkt Fluchtgefahr bestand, geht schon aus seinem Verhalten gegenüber der Bundeswehr hervor. Seiner Einberufung zum 2.1.95 kam er nicht nach und wurde dann 14 Tage später in seiner Wohnung von den Feldjägern festgenommen, ohne daß er irgendwelche Anstalten gemacht hätte, abzutauchen. Er saß bereits damals eine Woche im Militärgefängnis.

So begründete Richter Otto seinen Haftbefehl auch in keiner Weise mit Fluchtgefahr, sondern mit Timos "ablehnenden Haltung gegen den Staat und Gesetz und Ordnung" sowie seinem "Verhalten in der JVA und bei der HafterkIärung." Die Befangenheit von Richter Otto wird mit diesen Ausführungen überdeutlich.

Selbst der Staatsanwalt, der vier Monate mit Bewährung gefordert hatte, brachte deutlich seine Verwunderung über die Härte des Urteils zum Ausdruck. Strafprozesse gegen totale Kriegsdienstverweigerer sind paradox, da TKDVer keine Schädigung einer Person oder Körperschaft begangen haben. Dies aber ist als Vorraussetzung für ein Strafverfahren im StGB so definiert.

Richter Otto wollte mit dem harten Urteil auch nicht die Staatsräson vor Nachahmungstätern schützen. Er wollte Timo schlicht und ergreifend zeigen, wer hier der Stärkere ist.

Gegen die Fortsetzung der Untersuchungshaft hat Timo eine Beschwerde eingelegt, die jedoch frühestens nach drei Wochen bearbeitet wird.

Es ist zu erwarten daß Timo bis zu seiner Berufungsverhandlung im Knast bleiben muß. Außer seiner Mutter ist bisher niemandem gestattet worden, ihn zu besuchen. Bitte schreibt Timo (legt Briefmarken bei) an folgende Adresse:

Timo Pasche
z.Zt. gefangen in der
JVA Brackwedel
Umlostr. 100
33649 Bielefeld

Für die Anwaltskosten und Soliarbeit und besonders zur Aufrechterhaltung seiner Wohnung ist ein Spendenkonto der Roten Hilfe e.V. eingerichtet.

Empfängerin:
Monika Wydany
Sparkasse Bielefeld
BLZ: 480 501 61
Kto.-Nr.: 714766
Verw.-zweck: "Timo Pasche"

Kontakt: Komitee zur Verteidigung der Menschenrechte "Freiheit für Timo Pasche" c/o A. Buntenbach, MdB., Viktoriastr. 41, 33602 Bielefeld


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