Aus Ausgabe 6/93 (Dezember)

Der Krieg gegen die Frauen


Verena Fiegl hatte 1990 ihre als Diplomarbeit geplante Untersuchung über den "Zusammenhang von Sexismus und Militarismus" als Buch herausgebracht, da die Arbeit durch den zuständigen Professor Rammstedt als "zu unwissenschaftlich" abgelehnt worden war - womit sich Rammstedt einerseits "in die Reihe mit den Tätern gestellt hat, deren Treiben Verena Fiegl in ihrer Arbeit so brilliant beschrieben hat" (siehe auch OU 3-4/91), andererseits der Öffentlichkeit einer der wohl wichtigsten bundesdeutschen Texte zu diesem Thema nicht vorenthalten blieb. Die erste Auflage war schnell vergriffen, und nun liegt eine zweite, überarbeitete Auflage vor.

In ihrem Vorwort nimmt Verena Fiegl Stellung zu den Ereignissen des Krieges im ehemaligen Jugoslawien und zu der Darstellung hierüber: "Die Berichterstattung in den Medien und die immer wieder geäußerte Entrüstung darüber, daß solch eine Massenvergewaltigung hier in Europa stattfindet, demonstriert nicht nur eine eurozentristische Sichtweise, sondern auch eine totale Blindheit gegenüber der vergangenen und täglichen Gewalt gegen Frauen im angeblich so zivilisierten Europa."

Dabei weist sie auch darauf hin, daß die Vorgänge von den Mächtigen für die eigenen politischen Interessen instrumentalisiert werden: "Die grauenhaften Massaker der Serben an der bosnischen weiblichen Bevölkerung sind wohl auch deshalb erstmals ein Thema in den Zeitungen, weil sie vermitteln sollen, daß es zwei Sorten von Soldaten gibt: dort die "bösen, fanatischen" und "tierischen" Soldaten, die vergewaltigen und morden, und hier die "guten", europäischen und nordamerikanischen Soldaten, die "befreien" und "Frieden schaffen".

Genau jener Argumentation erteilt sie dann, als konsequente Schlußfolgerung ihrer gesamten Untersuchungen, eine klare Absage: "Mehr denn je wird eines klar: Für alle Frauen ist Radikaler Pazifismus, das heißt Abschaffung aller Waffen und Soldaten der einzige Weg zum Leben und überleben." (siehe hierzu auch OU 3-4/93, Seite 13).

Verena Fiegl hat das Buch in zwei Teile gegliedert: Im ersten geht es zunächst um alltägliche Vergewaltigung, sexuelle Angriffe am Arbeitsplatz, die Kontrolle von Frauen durch Justiz & Medizin sowie um den Zusammenhang von Sexismus und Rassismus.

Der zweite Teil des Buches schildert die Situation der "Frauen im Krieg", das heißt konkret zum einen die Militarisierung der Prostitution (siehe aktuell auch UN-Soldaten in Sarajevo in diesem Heft) als auch zum anderen die patriarchalische Ausrichtung des Militärs sowie die militärische Zurichtung des Mannes.

Ein unerläßlicher Text, der leider, aber auch dies ist Teil der militärischen Logik, von denjenigen nicht wahrgenommen wird, die da seit jüngerer Zeit das Argument der Menschenrechte für Kriegseinsätze 'ins Spiel' bringen, und auch Armeen von potentiellen Vergewaltigern aussenden will, angeblich um eben Vergewaltigungen zu stoppen. Aber: "Einen Vorgeschmack auf die Friedensstifter unseres Landes erhalte ich, wenn ich zu Urlaubszeiten der Bundeswehrsoldaten mit dem Zug fahren muß. Bei der von ihnen verbreiteten Atmosphäre der Angst habe ich keine Schwierigkeiten, mir vorzustellen, was passiert, wenn diese 'Befreier' nach Bosnien geschickt werden"...

Verena Fiegl:
Der Krieg gegen die Frauen
2. Auflage 1993,
Tarantel Frauenverlag,
Am Zwinger 16,
Bielefeld,
ISBN 3-9801623-1-1
Ca. 170 Seiten, 24,- DM

(Detlev Beutner)


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